DFB wirbt für Fair Play

Als Stefan Kutschke den Weltmeister entlastete, war es so ein Moment. Fair Play im Profifußball? Das ist keine Selbstverständlichkeit. Doch manchmal kommt es zu Sternstunden.

Wie am 6. Spieltag der vergangenen Saison, als Gladbach beim Aufsteiger SC Paderborn antritt. Nach 14 Minuten führen die „Fohlen“ durch Tore von Hermann und Rafael 2:0. In der 39. Minute zückt Schiedsrichter Marco Fritz Gelb für Gladbachs Christoph Kramer. Doch der angeblich gefoulte Stefan Kutschke klärt auf, er sei ohne Kontakt ausgerutscht. André Breitenreiter, heute Trainer des FC Schalke 04, lobte damals seinen Spieler: „Für uns ist es sehr wichtig, dass wir sympathisch auftreten und Fair Play vorleben. Das hat Stefan eindrucksvoll unter Beweis gestellt.“

Stefan Kutschke ist kein Einzeltäter. Karlsruhes Reinhold Yabo etwa, als er im Relegations-Hinspiel trotz Kontakt mit Hamburgs Johan Djourou stolperte … aber nicht fiel. Und unvergessen die Mannschaft, als sie in Belo Horizonte dem gerade schmerzhaft ausgeschiedenen WM-Gastgeber tröstend auf die Schulter klopfte. Anteilnahme, keine Spur von Hochmut. Fair Play ist nie und nirgendwo gottgegeben. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass unfaires Verhalten quasi wie im Gewächshaus gedeihen und wuchern kann. In der Politik, in der Wirtschaft, auch im Sport. Wer aber wirklich Fußball spielen will, braucht einen Ball. Und ein Grundverständnis für seinen Regeln.

Der DFB und seine Mitgliedsverbände setzen sich während der diesjährigen FIFA-Fairplay-Tage Anfang September rund um das Länderspiel Deutschland – Polen, im Rahmen des Spieltags der 3. Liga und Frauen-Bundesliga sowie im Amateurfußball mit aller Kraft für eine der wichtigsten Fair Play-Geste ein. Unter dem Motto „Fair Play? Hand drauf!“ wird das so wichtige Ritual „Handshake“ in den Fokus gerückt. Manuel Neuer und Robert Lewandowski haben hierfür noch vor der Abreise nach Frankfurt per Videobotschaft aufgerufen. Die Trikots, das deutsche mit vier Sternen und das polnische, wurden an die Säbener Straße geschickt. Dann wurde gedreht. Der weltbeste Torwart und Europas bester Stürmer beim fairen Handshake. Kleiner Dreh, große Wirkung. Fünf Millionen Follower hat die Facebook-Seite der deutschen Nationalmannschaft. Hier bekommt man den coolen Spot mit Neuer und Lewandowski zu sehen. Genauso wie auf www.fussball.de, Twitter und Instagramm. Und alle sind aufgefordert zu Liken, Sharen und Posten. Und mitzumachen. Denn der DFB und die Mannschaft rufen dazu auf, den eigenen Handshake zu filmen oder zu fotografieren und unter #Handshake oder #FairistMehr in die Welt zu schicken. Aus allen Einsendungen entsteht nach dem Polen-Länderspiel „der längste Handshake der Welt“. Unter allen Foto- und Videoeinsendungen zum Thema Handshake und Fair Play verlost der DFB 5 x 2 Tickets inkl. Übernachtung für das Länderspiel gegen die Niederlande am 17.11.2015 in Hannover.

Amateurfußballer haben doppelte Chancen: Im Rahmen der Aktion „Fair ist mehr“, unter deren Dach alle Fair Play-Maßnahmen beim DFB gebündelt werden, rufen 13 von 21 DFB-Landesverbände ihre Amateurbasis bereits zum fairen Abklatschen auf – formell und aufgereiht vor dem Spiel, jeder wo er mag nach dem Abpfiff. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft jedoch oft eine spürbare Lücke.

Deshalb rücken der DFB und seine Mitgliedsverbände anlässlich der diesjährigen Fair Play-Tage das Ritual in den Fokus und fordern ihre Vereine dazu auf, den Handshake zu praktizieren. Sowohl auf dem Platz als auch abseits des Rasens – mit den Zuschauern und Fans. Und dazu das Ganze zu dokumentieren und auf DFB-TV mit dem Betreff „Handshake“ hochzuladen (http://tv.dfb.de/upload/) – als Belohnung winken Länderspieltickets. Mit gutem Beispiel gehen schon heute die Mannschaften der 3. Liga und der Allianz Frauen-Bundesliga voran, indem sie das Ritual bereits zu jedem Spiel praktizieren. Weil das Spiel danach stärker ist. Fair Play? Hand drauf!

Das EM-Qualifikationsspiel gegen den Gruppenersten Polen am 4. September im lange ausverkauften Frankfurter Stadion braucht keine weitere Aufladung. Es ist inoffiziell ein Endspiel um den Gruppensieg. Für alle, die ein paar Monate an irgendeinem abgeschnittenen Ort Urlaub gemacht haben, kurz nochmal die Ausgangslage: Polen und Deutschland belegen Platz eins und zwei der Tabelle, die Polen mit einem Punkt mehr auf dem Konto. Gewinnt die Mannschaft in der Commerzbank-Arena nicht, wird es schwer, Polen vom ersten Tabellenplatz zu verdrängen. Gewinnt die Mannschaft in Frankfurt und drei Tage später in Glasgow, ist die Qualifikation so gut wie gesichert.

Das Polen-Spiel braucht keine weitere Aufladung. Eine Botschaft hat es trotzdem, denn das Motto „Fair Play? Hand drauf!“ wird auch in der Arena fantasievoll und wirksam umgesetzt. Schon wenn die knapp 50.000 Zuschauer ins Stadion strömen, begrüßen sie die Volunteers mit Motivpostkarten und einem sportlich-fairen Handshake. Mit dem Bildmotiv „Fair Play? Hand drauf!“ sind die Poloshirts der Volunteers und die T-Shirts der Einlaufkinder bedruckt, genauso wie eine durchlaufende Bandensequenz während des Spiels. Unmittelbar vor dem Anstoß treffen sich die beiden Mannschaften zum gemeinsamen Foto hinter dem Banner „Fair Play? Hand drauf!“ – und natürlich zum Handshake.

Eine Sternstunde des Fair Play. Im Amateurfußball. In allen Landesverbänden. Und beim Weltmeister. Denn fair ist mehr!